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Osterbotschaft des Jahres 2024 von Seiner Eminenz Metropolit JOHANNES, Erzbischof der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa

An die Exzellenzen, den Klerus, die Mönche, die Monialen und die Gläubigen des Erzbistums der orthodoxen Kirchen russischer Tradition in Westeuropa.



Das Fest der Auferstehung Christi und die österliche Zeit markieren für die Kirche den Eintritt in die Perspektive der Ewigkeit und in ihre eigene Zeitrechnung zum Heil eines jeden und einer jeden. Die Verheißung hat sich endlich erfüllt. Der Sohn hat den Willen des Vaters vollbracht und der Name des Vaters ist geheiligt und verherrlicht. Das Geheimnis der Offenbarung des dreieinen Gottes ist vollendet, da all jenen, die es wollen, der Zugang zum Reich Gottes eröffnet wurde. Und jetzt verkündet die Kirche diese Frohe Botschaft in der ganzen Welt: „Christus ist erstanden von den Toten, hat zertreten im Tode den Tod und denen in den Gräbern das Leben geschenkt!“ (vgl. Matthäus 28,6).

Das neue Stadium der Auferstehung besteht darin, die Lehre Christi zu entdecken, die eine Hinführung sein will, ein Wachrütteln für das Heilsgeheimnis, das den Menschen und die Schöpfung in ihrer Beziehung zu Gott erneuert. Durch seine Auferstehung hat das Wort Gottes den Menschen neu geschaffen für das neue Leben, für die Ewigkeit – den Menschen, der durch die Sünde verletzt ist und in Mitleidenschaft gezogen wurde vom Tod (vgl. 1 Kor 15,53-55). Die Christen glauben und bekennen mit dem Apostel Paulus: „Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer, leer auch euer Glaube. Wir werden dann auch als falsche Zeugen Gottes entlarvt, weil wir im Widerspruch zu Gott das Zeugnis abgelegt haben: Er hat Christus auferweckt. Er hat ihn eben nicht auferweckt, wenn Tote nicht auferweckt werden.“ (1 Kor 15,13-15). Die Auferstehung Christi ist eine historische Tatsache und sie ist Teil der Menschheitsgeschichte. Aus diesem Heilswerk ergibt sich, dass uns die Gottheit nunmehr als Wohnung erwählt hat und dass wir „Anteil erhalten haben an der göttlichen Natur“ (2 Petr 1,4) in dem Maß, wie der Mensch sich die geistliche und eucharistische Erfahrung zu eigen macht, die ihm Christus, der Erlöser, anbietet.

Durch die Auferstehung wurde der ganzen Schöpfung die absolute Freiheit gegeben. Sie hat kein auf sich selbst beschränktes Leben, so wie auch der Sinn unseres Lebens nicht nur privater Natur ist, nicht nur uns selbst betrifft: vielmehr ist es verbunden mit dem Leib Christi (vgl. 1 Kor 12,12-27). Das ist der Grund, warum die Kirche unverbrüchlich verkündet, dass das Heil nur in Christus, dem Auferstandenen, möglich wird. Sie erbittet den Frieden Christi für jedes ihrer Glieder und für die gesamte Welt. Gott tritt in der Auferstehung Christi nicht wie mit einer Privatsache hervor, sondern gerade in einem gemeinsamen Werk für die Schöpfung und das Licht der Auferstehung ist der ganzen Schöpfung geschenkt.

Dieses Licht erstrahlt und leuchtet weiterhin in der gegenwärtigen entchristlichten Welt. Und wir können heute die Auswirkungen [der Entchristlichung] sehen – die Kultur einer Welt, die sich in ihrer eigenen Immanenz abkapselt, eine Welt, die ihre Unabhängigkeit von Gott propagiert und kundtut, die ihre Verweltlichung predigt, durch die sowohl Gott als auch der Mensch ins Private verwiesen werden. Gott gilt nur noch als Privatangelegenheit und betrifft nicht mehr die Gemeinschaft. Die Welt wurde zu einem reinen Mechanismus, abgeschnitten von den göttlichen Energien, und die Elemente bilden die aus sich selbst existierenden Materien, während die Wissenschaft fast nicht fähig ist, die Welt als Beziehungsgeflecht, als integrierte Beziehung und als ein Ganzes zu verstehen. Der zeitgenössische Mensch, der sich aus der Verbindung zu seinem Schöpfer löst, verliert das Bild, nach dem er erschaffen wurde, und setzt sich der Gefahr aus, sich wieder auf den Weg Adams zu begeben, der ihn in den Tod führen wird. Wir sehen nur zu gut, dass heute ein großer Unterschied besteht zwischen der Kultur der Christen und der zeitgenössischen Kultur. Denn die christliche Kultur hat immer Gott als ihren Ausgangspunkt im Blick, während die zeitgenössische Kultur mit dem Menschen beginnt.

Die christliche Kultur zeigt auf, dass die Welt gegründet ist auf einer logischen (also vom Logos gegebenen) Ordnung (vgl. Joh 1,1), auf ein in ihr wohnendes und an die göttlichen Energien gebundenes Leben, das die künstliche Trennung von Geist und Materie übersteigt und das dadurch in eine gänzlich neue Sicht der Kosmologie einführt. Durch die Auferstehung Christi hat Gott die Schöpfung und das menschliche Sein endgültig und zur Gänze erneuert. Die Auferstehung Christi hat das Leben geschenkt und sie offenbart sich in der Übereinstimmung alles Geschaffenen, was von unseren Vätern als Harmonie definiert wurde.

Der wirkliche Glaube allein kann den Menschen zu einer solchen Schau hinführen, ohne die Sinnsuche und die Suche nach dem Sinn der Schöpfung verleugnen zu müssen. Ostern lädt uns ein, vor allem aber gibt es uns die Schlüssel zum Verständnis in die Hand, die es uns nicht einfach nur möglich machen, die Welt auf egoistische Weise zu besitzen, sondern in ihr gerade das Werk Gottes zu betrachten, Sein Heilswerk, das sich uns offenbart und uns mit hinaufnimmt von der Schöpfung zum Schöpfer, wobei wir uns dieser für uns gemachten Schöpfung bedienen dürfen.

Genau deshalb ist es für uns Gläubige so grundlegend, immer mehr in der Perspektive der Ewigkeit zu leben und die Wiederkunft Christi zu erwarten, denn „unsere Heimat ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch den Herrn Jesus Christus als Retter.“ (Phil 3, 20). Das Osterfest – Pascha – feiernd zu leben erfüllt uns mit wirklicher Freude und echter Hoffnung, denn Christus ist bei uns „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28, 20). Möge „das Leben die Herrschaft antreten“, indem es das Menschengeschlecht umfängt. Das Osterfest leben, das heißt zu verstehen, dass Jesus Christus das wahre Licht ist und dass „in Ihm das Leben war, und das Leben war das Licht der Menschen“ (Joh 1, 3-4).

Das Licht, der Friede und die Freude des auferstandenen Christus begleite Euch alle!

Christus ist auferstanden!

Paris, Ostern 2024

† Metropolit JOHANNES von Dubna,

Erzbischof der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition

in Westeuropa

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